VON konkret

In seinem Bändchen Haupt- und Nebensätze beschrieb Hermann L. Gremliza im Jahr 2016 das sogenannte Social Network als »ein asoziales Hetzwerk von Idioten, Denunzianten, Polizisten und anderen Rechtsbrechern, dessen sofortige Schließung den Rückfall in jenes finstere Mittelalter bedeutete, in dem die Welt vor etwa vier, fünf Jahren schmachtete. Facebook und dergleichen Einrichtungen gehörten verboten. Statt in die Illegalität freilich geht Facebook an die Börse, wo die Firma für ihre Aktien hundert Milliarden Dollar erlösen wird. Der Wahrheit solchen Interesses hält kein Gedanke stand.«

An der Verblödung und Verrohung der Welt und an der konterrevolutionären Ab- und Zurichtung ihrer Bewohner tragen Facebook, Twitter, Tiktok, Instagram und Co. in einem Umfang bei, von dem Presse, Funk und Fernsehen nur einen Vorgeschmack geben konnten. Selbst die Durchsicht einer bei jedem Zahnarzt herumliegenden frauenfeindlichen Illustrierten gibt noch Aufschluss darüber, mit was für einer Gesellschaft man es zu tun hat. In den asozialen Medien verhindert die Kombination aus Leerlauf und sensueller Überforderung, Affekt und Analphabetismus jede Erkenntnis. 

Weil es sich bei der digitalen Verblödungsmaschinerie also um ein Produkt der technisierten Gegenaufklärung handelt, hat sich konkret bislang bei ihrer Nutzung zurückgehalten. Facebook- und Twitter-Account wurden kaum genutzt, andere Kanäle ganz gemieden. Das ließ sich nicht durchhalten. Weil vor allem jüngere Menschen sich vor allem digital darüber informieren, was sie essen, mit wem sie schlafen und was sie lesen sollen, aber nur hin und wieder auf den Gedanken kommen, einen Blick in eine Buchhandlung oder einen Zeitschriftenladen zu werfen, hat konkret jetzt nicht mehr nur einen Facebook- und Twitter-, sondern auch einen Instagram-Account (instagram.com/konkret_magazin/) und zudem vor, diese intensiver als bisher zu nutzen. In Zukunft wird dort auf Veranstaltungen und Beiträge, die auf der Webseite des Magazins zu lesen sind, hingewiesen werden. Bei Tiktok wird man konkret allerdings nicht finden, weil die Redaktion sich weigert, die Titelzeilen zu tanzen. 

Hilfreich waren Facebook und Twitter dabei, die den Verlag bedrohende finanzielle Krise zu überwinden: Diese Ausgabe ist die vorläufig letzte, die den Aufruf zur Rettung der Zeitschrift enthält. Dank der großen Solidarität und Hilfsbereitschaft unserer Leser/innen, Kommanditistinnen und Kommanditisten, von Autoren und Autorinnen und publizistischen Verbündeten wie »Titanic«, »ND«, »Junge Welt«, »IZ3W«, »Analyse und Kritik«, »Jungle World«, »Gegenstandpunkt«, »Ossietzky«, »Sichel«, dem Verbrecher Verlag und vielen anderen sind die fehlenden 2.000 Abos beziehungsweise 100.000 Euro mittlerweile annäherungsweise zusammengekommen. Annäherungsweise heißt: Zwar ist konkret aktuell nicht mehr gefährdet, bleibt aber, um seine Existenz dauerhaft zu sichern, weiter auf die Unterstützung seiner Leser/innen angewiesen.

Viele Leser/innen haben im Zuge der Rettungskampagne ein Solidaritätsabo abgeschlossen. Wer sich konkret finanziell nicht leisten kann, kann sich gerne beim Verlag melden und ein einjähriges Freiabo bestellen. 

Der Verlag wird in diesem Jahr voraussichtlich fünf Bücher veröffentlichen: Die ersten vier der insgesamt 18 Bände, in denen die Schriften Hermann L. Gremlizas versammelt sind (zwei im Sommer und zwei gegen Ende des Jahres, siehe den Aufruf zur Subskription auf der inneren Umschlagseite) und Jörg Kronauers Eine Welt ohne Hegemon. China, der Globale Süden und das Ende der westlichen Vorherrschaft. Es ist noch nicht lange her, da versuchte Deutsch-Europa, den USA ihren Platz als Weltmacht streitig zu machen. Wäre dieser Versuch gelungen, stünde es vermutlich noch furchtbarer um Menschheit und Zivilisation. Statt dessen hat China nicht nur die EU der (vorübergehenden?) weltpolitischen Bedeutungslosigkeit preisgegeben, sondern schickt sich auch an, den schon lange schwächelnden Hegemon abzulösen. Die sich zuspitzende Konkurrenz zwischen der Volksrepublik und den USA scheint dem Globalen Süden die Freiheit zu geben, sich nicht länger auf die Entscheidung darüber beschränken zu müssen, ob das wenige, was die Ausbeutung der Region durch den Globalen Norden übrig lässt, nach Osten oder nach Westen fließt. 

Kronauers Buch erscheint als Band 82 der konkret texte-Reihe, hat einen Umfang von 188 Seiten und kostet 19,50 Euro. Es ist, wie die Gesammelten Schriften Hermann L. Gremlizas, über Verlag und Buchhandel bestellbar (siehe die Anzeige auf Seite 54).