Horst Tomayer zum 82.

Gestern wäre der große konkret-Hausdichter Horst Tomayer 82 Jahre alt geworden. Aus gegebenem Anlass ein paar Tomayersche Verse aus der Rubrik „Tomayers ehrliches Tagebuch“ (konkret 5/2002). Die ganze Dichtkunst Horst Tomayers kann im konkret-texte-Band German Poems bestaunt werden.

 

Stimmts!? 

Wir alle kommen nackt zur Welt 
Die Ankunft quengelig preisend 
Doch dann kommt gleich das Taschengeld 
Die weitern Wege weisend
 

*
 

Für Galtür (notabene) 

Lieber begraben unter einem Brett aus Schnee 
Als unter dem Klangflor von André Rieu
 

*
 

Siehste! 

All dieses süße Werden 
Und all dieses bittre Vergehn 
Kann ich mit der neuen Brille 
Von Fielmann viel besser sehn


*


Religion? Ah, gäh weida
(Ein Lesevortrag für Hörer) 

Die Tochter bedarf der Liebe des Vaters 
Der Aufklärung durch die Mutter bedarf der Sohn 
Doch keiner der eben Genannten 
Bedarf hiebei der Religion
 

Der Bettler braucht das Mitleid 
Der König braucht den Thron 
Doch brauchen auch diese zwei Süßen 
Nicht die Bohne von Religion
 

Drei Dinge braucht Weans Wäschermadl 
A Wäsch A Wossa und Persü 
Aber eine Religion die braucht es gewiß nicht 
Weil die hilft beim Waschen net vü
 

Religion ist grad so goutabel 
Wie Herpeskutteln in Tran 
Respektive das Zelten auf der 
Überholspur der Geisterbahn
 

Was der Mensch braucht ist keine Religion nicht 
Mit Gott und Messias und Profet 
Was der Mensch braucht das ist eine Eisenbahn 
Die wo pünktlich fährt statt mit Verspät
 

Was der Mensch braucht sind niedrigere Preise 
Gekoppelt an höheren Lohn 
Und keine metaphysische Meise 
A la Religion