VON konkret

In den letzten Wochen ist in Teilen der deutschen Linken der Streit um die Haltung von konkret zu Russland und zum Ukraine-Krieg eskaliert. Am 1. Juli veröffentlichte die konkret-Redaktion auf der Homepage der Zeitschrift eine »Richtigstellung«:

Im Internet kursiert eine Erklärung mit dem Titel »Warum wir nicht mehr für konkret schreiben«. Die 17 Unterzeichner/innen stellen sich darin als »Autorinnen und Autoren von konkret« vor, die wegen des vermeintlichen »Pro-Putin-Kurses« der Zeitschrift »die Zusammenarbeit« mit konkret »beenden« (»Süddeutsche Zeitung«).

Dazu stellt die konkret-Redaktion fest:

  1. Beenden kann man nur, was es gibt. Ein großer Teil der Unterzeichner/innen aber sind keine »Autorinnen und Autoren von konkret«; sie sind es bereits seit Jahren nicht mehr, und sie standen nicht in Gefahr, von konkret künftig um einen Beitrag gebeten zu werden. Die pompöse »Erklärung« ist daher eine Anmaßung, ein Fall von Etikettenschwindel und Hochstapelei.
  2. Sie ist zudem randvoll mit Halbwahrheiten und ganzen Lügen, strukturiert von einer »Logik«, der zufolge ein Nazi ist, wer sich gegen Hartz IV stellt, weil schließlich auch die NPD eine Anti-Hartz-IV-Kampagne gestartet hatte, und geprägt vom Willen zu einer politischen Hetze, die eine Antwort nicht verdient. Wer konkret in die Nachbarschaft von AfD und »Compact« rückt, mit dem lohnt keine Debatte – die konkret im übrigen natürlich auch bezogen auf den Ukraine-Krieg weiter führen wird.

Darüber hinaus ist noch klarzustellen:

  1. Eine Debatte über den Charakter des Ukraine-Kriegs und die Stellung der deutschen Linken zu ihm war und ist von der konkret-Redaktion erwünscht. Debatte, Berichterstattung und Analyse zum Thema starteten im April-Heft mit Beiträgen von Jörg Kronauer (zur Frage, »wieso die Fehleinschätzung bis zum Schluss sich halten konnte, es werde letztlich nicht zu einem russischen Überfall auf die Ukraine kommen«), Lars Quadfasel (gegen die »linke Kreml-Apologie«), JustIn Monday (gegen den Antiimperialismus), Florian Sendtner (über die Putin-Hitler-Gleichsetzung), Georg Fülberth (über den zweiten Imperialismus) und Richard Schuberth (über die Militärexperten des Internets). Sie wurden im Folgenden mit Beiträgen von Tomasz Konicz (über »die Struktur des gegenwärtigen russischen Regimes«), Rolf Surmann (über den Verlust linker Urteilskraft im Zusammenhang des Ukraine-Kriegs), Felix Bartels (Entgegnung auf die Beiträge von Monday und Quadfasel), Lars Quadfasel (über das Debakel des russischen Militärs in der Ukraine) und Jörg Kronauer (über die Verschiebungen der internationalen Kräfteverhältnisse infolge des Krieges) fortgesetzt. In Heft 6/22 folgten Beiträge zum Thema von Kay Sokolowsky, Florian Sendtner, Alex Feuerherdt, Rolf Surmann und Richard Schuberth. Tomasz Konicz (über den Zusammenhang von Krieg und Nahrungskrise), Maxim Schewtschenko (über Putins imperialistische Interessen und den Chauvinismus der russischen KP), Jörg Kronauer (über die deutschen Interessen im Ukraine-Krieg) und Rolf Surmann (über die ukrainische Staatsbildung) setzten Diskussion und Analyse in Heft 7/22 fort. Im vorliegenden Heft schreibt Peer Heinelt (S. 26) über den imperialistischen Charakter des Ukraine-Kriegs und die analytischen Defizite der radikalen Linken. Die Diskussion wird im kommenden Heft fortgeführt – unter anderem mit einem Beitrag über die Entwicklung der russischen Außenpolitik in den vergangenen 20 Jahren und zur Frage, wie und wann aus dem um Annäherung an den Westen bemühten Wladimir Putin ein chauvinistischer Kriegsherr geworden ist.

Bisher wurde nur ein einziger Artikel zu diesem Thema von der Redaktion abgelehnt, und diese Entscheidung hatte keine politisch-inhaltlichen Gründe. Natürlich ist die Debatte über den Charakter des Ukraine-Kriegs und die Stellung der deutschen Linken zu ihm damit nicht abgeschlossen. konkret wird sie weiter führen (ein konkret -texte-Band zum Thema ist in Vorbereitung) und lädt dazu ein, sich an ihr zu beteiligen. Diese Einladung gilt auch jenen, die, irritiert durch allerlei Falschmeldungen, irrtümlich annehmen, eine kontroverse Diskussion sei in konkret nicht erwünscht.

  1. In seiner Antwort auf die Boykott-»Erklärung« macht Stefan Ripplinger (S. 29) darauf aufmerksam, dass dort, wo ihre Verfasser/innen »den Bruch« behaupten, gar keiner ist: »Sämtliche Autorinnen und Autoren von konkret verurteilen den Angriffskrieg.« Wer konkret vorwirft, »Kreml-Apologie« oder »Kriegspropaganda« zu betreiben, liest konkret entweder nicht oder weigert sich, einen Unterschied zwischen Verstehen und Verständnis haben zu machen, zwischen der Suche nach einer Erklärung und der Suche nach einer Rechtfertigung.
  2. Die Unterzeichner des Briefes paraphrasieren nicht nur das, was sie die »Grundtendenz« der letzten konkret-Ausgaben nennen, sondern auch in konkret erschienene Texte von Kay Sokolowsky und Marco Tschirpke falsch. Sokolowskys Richtigstellung finden Sie auf Seite 28.