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Glück auf!

Peter Kusenberg über die Bitcoin-Krise in Kasachstan

Seit der Kinoheld Borat als Patient Zero die Corona-Pandemie ausgelöst hat, brennt die Luft in Kasachstan, wo seit einigen Jahren neben Erdöl, Chrom, Erdgas, Gold, Mangan, Fluor, Kupfer, Uran, Blei, Steinkohle, Eisenerz, Zink, Kobalt, Wolfram und dem Panzerplattenmetall Molybdän hippe Onlinezahlungsmittel à la Bitcoin gefördert werden.

Im Süden des Landes sitzen Bitcoin-Schürfer, Miner genannt, in überheißen Serverräumen und bestätigen die Transaktionen der jeweiligen Kryptowährung, indem sie in der Blockchain, der Datensatzkette, digitale Blöcke miteinander verbinden, wozu die Computer extrem komplexe, zeitaufwendige Berechnungen anstellen, die mittels Kryptografiesoftware verschlüsselt werden. Diese Berechnungen verbrauchen weltweit pro Jahr etwa soviel Strom wie die Ukraine. Als Belohnung für das Aufheizen des Weltklimas und das Anhäufen von Elektroschrott erhält der Miner Bitcoin.

Kasachstan entwickelte sich im vergangenen Jahr zu einem der beliebtesten Bitcoin-Länder, nachdem China die heimischen Miner stärker reguliert hatte. In der zweitgrößten Exsowjetrepublik gibt es im Überfluss Rohstoffe, die sich billig verstromen lassen. Für den boomenden Mining-Betrieb genügte dies indes nicht, der nationale Energielieferant rationierte ab November 2021 aufgrund von Blackouts den Strom für alle bekannten Bitcoin-Miner, was den weltweiten Entwicklungsprozess der Blockchain kurzzeitig verlangsamte, damit den Wert der Währung schwächte und die weltweite Finanzwirtschaft tangierte.

Bitcoin nutzt vor allem kapitalkräftigen Spekulanten und Verbrecherorganisationen, denn die Währung misst einen nominellen Gesamtwert von über einer Billion (!) US-Dollar und birgt keine Inflationsgefahr, während die Transaktionen weitgehend anonym ablaufen. Anders als Rohöl und Chrom lässt sich Bitcoin überall auf der Welt schürfen, wo moderat kühle Temperaturen herrschen und gute Internetverbindungen bestehen. Die kasachische Regierung ist bestrebt, die Miner im Land zu halten, weshalb sie den Bau eines neuen Atomkraftwerks plant, das ungefähr den Bedarf des Mining-Geschäfts deckt. Staatschef Qassym-Schomart Toqajew soll angeblich den im Lande populären Borat damit beauftragt haben, die Stimmung zugunsten der Atomwirtschaft zu beeinflussen, damit der Bitcoin-Rubel weiter rollt und nicht die verhassten Usbeken das Kryptogeschäft an sich reißen.