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Teile und herrsche

Peter Kusenberg über das Facebook-Hearing im US-Senat

Facebook heizt Ressentiments an, begünstigt Hassrede, schert sich nicht um das Wohl seiner Kundinnen. Zu dieser erstaunlichen Erkenntnis über den liebenswürdigen Super-Werbeträger gelangte eine Anhörung am 5. Oktober 2021 im US-Senat. Befragt wurde die Ex-Facebook-Managerin und potentielle Whistleblowerin Frances Haugen, die erklärte, Facebook forme die Wahrnehmung der Welt qua Informationsauswahl, hielte seine technischen Mittel geheim und wisse genau, dass die Unternehmenstochter Instagram die psychische Gesundheit von Teenagern gefährde. Haugen kritisierte die Firmenleitung, die »Profit über Sicherheit« stelle. Die Algorithmen seien so eingerichtet, dass sie die Nutzerinnen möglichst lange im Netzwerk bespaßen und passgenaue Werbung die Kunden erreiche. Haugens Verbesserungsvorschläge seien kaum von der Geschäftsleitung zur Kenntnis genommen worden. Ihre Dokumente weisen darauf hin, dass die Betreiber darüber informiert sind, dass via Facebook politische Wahlen manipuliert und Auftragsmörder engagiert werden.

Naive Akteurinnen und Akteure rufen jetzt »Reformiert Facebook!« oder »Verstaatlichung!« Letztgenannte misslang bereits vor Jahrzehnten, also in minder turbokapitalistischen Zeiten, im Falle Microsoft. Und dass in die Magersucht getriebene Teenager, von Maskulinisten bedrohte Frauen und rassistische Anfeindungen den guten Mark »Meine Kinder haben Digitalverbot« Zuckerberg veranlassten, sein Geschäftsmodell auf den Kopf zu stellen, mag nur derjenige glauben, der Smartphone, E-Auto und das sprechende Heim (»Zwei Drittel sprechen mit ihrem smarten Zuhause«, »Bitkom«) für Errungenschaften der Menschheit hält und nicht für natur- und menschenfeindliche Warensysteme zum Zwecke der kapitalkonformen Zurichtung.

Wie der Digitalkritiker Evgeny Morozov in der »NZZ« schreibt, gibt es in der Welt der Tech-Giganten keine Einrichtung, »um die Bedürfnisse der Menschheit mit Blick auf Kommunikation und Bildung abzudecken: die Bibliothek, das Museum, das Postamt«. Es gebe nur den Mansch aus »Nutzern, Plattformen, Werbetreibenden und App-Entwicklern«.

Die Aufregung um Facebook wird sich bald legen und die Öffentlichkeit darauf warten, dass die Firma ihre Pläne zur Einrichtung einer Instagram-Version für zehn- bis zwölfjährige Kinder umsetzt. Man kann gar nicht früh genug mit der Eindimensionalisierung anfangen.