Feministen der Feuilletons

Jetzt hat auch der Deutschrap sein #Metoo. Von Jana Holfter

Schon um es sich nicht mit immer selbstbewusster werdenden Konsumentinnen zu verscherzen, mussten große Teile der Kulturindustrie sich in den letzten Jahren mit Sexismus auseinandersetzen. Ausnahme: der Deutschrap, der bisher, unbehelligt vom gesellschaftlichen Diskurs, Frauen verbal ins Koma ficken durfte. Selbst wenn sie tatsächlich übergriffig wurden, schadete es nur sehr wenigen Rappern. Sexismus gilt im Rap als cool, toxische Männlichkeit wird zelebriert.

Und nun ist es da, das Deutschrap-Metoo – ausgelöst durch die Vergewaltigungsvorwürfe der Influencerin Nika Irani gegenüber dem Rapper Samra. Zunächst wiederholt sich Altbekanntes. Auf die Vorwürfe folgt die Verleumdung der Betroffenen. Misogyn eingeschworene Fans stehen in den Startlöchern, um das potentielle Opfer zu diskreditieren. Am liebsten mit sexistischen Beschimpfungen. Wenn sonst nichts geht, kann man die verlogene Fotze wenigstens noch als Schlampe bezeichnen. Dennoch gerät diesmal etwas in Bewegung, auch weil die Szene in Bewegung ist, weiblicher geworden ist. So solidarisiert sich die berühmte Rapperin Shirin David mit der Influencerin und setzt Rapmedien unter Druck, über das Thema zu berichten. Und immerhin, das Label Universal stellt vorübergehend die Mitarbeit mit Samra ein und zieht den Song eines anderen Rappers wegen frauenfeindlicher Inhalte zurück. Aber vor allem veröffentlicht ein Kollektiv auf Instagram weitere Betroffenengeschichten und zeigt die strukturelle Ebene sexueller Übergriffe im Deutschrap auf.

Die Reaktionen von seiten männlicher Rapper dagegen bleiben weitgehend aus. Zu Recht klagen die Initiatorinnen und Initiatoren von Deutschrap-Metoo über fehlende Statements oder persönliche Reflexionen. Statt dessen herrscht lautes Schweigen.

Ganz im Gegensatz zu den Feuilletons bürgerlicher Zeitungen, die mit Begeisterung tönen, dass sie es ja schon immer gewusst hätten, aus diesen Texten sprächen Taten! Wo vorher mit einer Straßenromantik-Faszination Rap auf Syntax und Phonetik hin auseinandergenommen wurde, kippte das Urteil über die Musik der migrantisch geprägten Szene erstaunlich plötzlich. Über deutsche Schlager, Popmusik oder, wie eine Aktivistin der Deutschrap-Metoo-Bewegung kritisiert, das Vergewaltigungsphantasie-Gedicht von Till Lindemann würde und wurde anders diskutiert.