LINKS & RIGHTS

Modern Talking

Die Clubhouse-App ist genau das richtige für Wichtigtuer aus Politik und Medien. Von Peter Kusenberg

Wenig erregt die Insassen der deutschen Mediendemokratie mehr als der Ruch der Hinterzimmermauschelei, wo über die Köpfe braver Volksgenossinnen hinweg etwas verhandelt wird, was nicht via »Tagesschau« und »Spiegel Online« in die kleindeutsche Welt schallt. Wird einmal öffentlich, dass der BDI und die VDA-Automobilisten der Bundesregierung vorsagen, welchen Schadstoffgrenzwert sie zu akzeptieren bereit sind, ist das kaum von Interesse. Wenn sich aber die Herren vom Springer-Verlag, journalistische Quatschonkel und Landespolitikerinnen im digitalen Hinterzimmer Clubhouse treffen, um herumzuflachsen, ist die Empörung groß.

Denn erstens ist die in den USA bereits seit Frühjahr 2020 erhältliche App nur fürs Apple-Betriebssystem verfügbar; zweitens darf ins Clubhouse nur, wer eine Einladung erhalten hat – zumindest in der Frühphase der Markteinführung, die die US-Firma Alpha Exploration in Deutschland dank des thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linkspartei) als Erfolg verbuchen kann. Ramelow war im Januar 2021 zum Star des als »Candy-Crush-Skandal« aufgedonnerten Nichtereignisses avanciert. Die interessante Frage lautet, warum der Ministerpräsident in Gegenwart von Springer-Presseheinis nicht besser schweigend auf seinem Smartphone spielte.

Das Besondere der Clubhouse-App erschöpft sich, neben der Exklusivität, in der Beschränkung aufs Aurale: Die Teilnehmerinnen quatschen in Themenräumen miteinander, moderiert von einer Person. Beim Meinungsaustausch handelt es sich um Live-Gespräche, in denen rassistische oder sexistische Aussagen nicht dokumentiert werden. Die Bundes-Verbraucherzentrale rügte den Clubhouse-Anbieter wegen rechtlicher Mängel, einer nur in englischer Sprache vorliegenden Geschäftsordnung sowie wegen des Fehlens eines Impressums.

Schlimmer noch sieht’s beim Datenschutz aus: Die Nutzerinnen müssen dem Clubhouse-Anbieter ihre Adressbücher übermitteln, was gegen die EU-Grundverordnung DSGVO verstößt. In den USA attestieren Journalistinnen wie Olivia Smith der App die Beförderung einer »toxischen Positivitätskultur«, in der sich alles »um gute Stimmung und Burnout-Schufterei« drehe.

Vielleicht ist Clubhouse bald bereits im Orkus toter Medienangebote verschwunden. Das Konzept wird jedoch überleben, denn das distanzlose Gequatsche ohne Orthografiefehlergefahr werden sich die Wichtigtuerinnen aus Medien und Politik nicht nehmen lassen.