LK 23

literatur konkret Nr. 23

Jüdischre Weltliteratur

Was es auch nicht gäbe, wenn die Nazis ihre mörderischen Pläne bis zum Endsieg hätten verwirklichen können: eine jüdische Literatur nach 1945. Die Vorstellung, was statt dessen zu lesen wäre, ist einigermaßen horribel. Heimathefte, Landserromane, Volksstammkunde, Volksverhetzung -alles das hat eine von der Nazidiktatur befreite Welt nicht wirklich nötig. Und so gibt es doppelten Grund zur Freude über eine Weltliteratur, die zu einem erheblichen Teil eine jüdische ist: daß es sie gibt und daß sie sich so hervorragend behauptet.  
 
Wer Jude ist, hat ein bekannter Nazi gesagt, bestimme ich. Wer jüdischer Schriftsteller ist, bestimmt das Feuilleton. Aber welcher Schriftsteller, welche Literatur ist jüdisch? Gibt es überhaupt eine Spezifik Jüdischen Schreibens?  
LITERATUR KONKRET widmet sich in diesem Jahr Autoren, die sich selber als Juden verstehen oder verstanden wissen wollen, die Opfer antisemitischer Verfolgung waren oder wären und deren Bücher die Geschichte dieser Verfolgung als eigene beschreiben oder spüren lassen. Ihr Werk bezeugt Möglichkeit und Notwendigkeit, nach Auschwitz zu dichten, ohne je dabei diesen Ort, für den sie bestimmt waren, und das, wofür er steht, aus dem Auge zu verlieren.

Inhalt

Ihr seid die anderen von Gerhard Scheit
Die Geburt der Kritik aus dem Geiste des Judentums
 
»Töte den Deutschen!« von Jürgen Elsässer
Ilja Ehrenburgs Vita demonstriert, warum die Gleichsetzung von Nationalsozialismus und Stalinismus falsch ist
 
Besser schweigen? von Jürgen Roth
Während weiter darüber debattiert wird, ob die Vernichtung der europäischen Juden zum Gegenstand von Romanen gemacht werden darf, hat sich die Prosa über den Völkermord längst als eigene Literaturgattung etabliert
 
Ist Deutschland unheilbar? von Jürgen Elsässer
Revanche gegen Goldhagen: ganz gewöhnliche Deutsche und ihr Unbewußtes
 
Grauenmärchen von Hermann Kant
Auch wenn du ähnliche Bücher schon kennst, lies »Das wunderbare Überleben« von Wladyslaw Szpilman! - Brief an meine Tochter
 
Der X-Haken von Layla Dawson
In seinen Romanen erzählt der US-amerikanische Schriftsteller Joseph Heller von der Schicksalsergebenheit des Menschen, von der Paranoia des Außenseiters und vom Trost des Geldes
 
Multiple Jews von Georg Seeßlen
Die Bücher von Philip Roth handeln nicht nur von Identitätskrisen - sie haben selber welche
 
Von Mäusen und Menschen von Knud Kohr
Mit »Maus« bewies Art Spiegelman einem ignoranten Publikum, daß der Comic eine wichtige Kunstform ist
 
Out of Print von Mark-Stefan Tietze
Die Werke Raymond Federmans markieren Anfang und Ende der postmodernen Literatur - und führen modellhaft vor, wie ein Überlebender seine Biographie in Sprachkunst verwandelt
 
Gesellschaftsfähig von Rayk Wieland
Arthur Miller hat keine amerikanischen Soldaten in Korea umgebracht, sondern sich in seinem gesamten Werk mit Rassismus und Intoleranz auseinandergesetzt
 
Kein Gedanke von Kay Sokolowsky
Ein großer Regisseur, aber ein lausiger Autor: Woody Allen
 
Trauriger Orpheus von Jens Hoffmann
Stephan Hermlins Werk ist geprägt von einer gequälten Innerlichkeit und in großen Teilen ein wenig prätentiös geraten
 
Traum vom normalen Leben von Patricia Reimann
Ein Streifzug durch die Geschichte der Literatur in Israel seit 1948, dem Jahr der Staatsgründung
 
Die Humorfabrik von Peter Köhler
Ephraim Kishon ist nirgendwo so beliebt wie bei den Deutschen. Mit Grund
 
Traum und Wirklichkeit: Israel im 50. Jahr von Martin Kloke