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Friendly Fire

In Bayern schossen Bundeswehr und Polizei aufeinander. Von Florian Sendtner

Dass Putin kurz vor Potsdam steht, ist für den Militärhistoriker Sönke Neitzel keine Frage (siehe konkret 9/25). Nun scheinen die Russen aber in einer Art Zangenangriff gleichzeitig von Süden anzurücken, man kennt die perfide Taktik von Stalingrad. In der beschaulichen Kleinstadt Erding bei München fielen erste Schüsse, gab es einen ersten Verletzten auf deutscher Seite. Nun ja, auch die Schüsse wurden von deutscher Seite abgegeben.

Bei einem Schusswechsel zwischen Bundeswehr und Polizei wurde am 22. Oktober in Erding ein Soldat angeschossen. Anwohner hatten die Polizei alarmiert, nachdem sie am Ortsrand einen Bewaffneten gesehen hatten. Weder Anwohner noch Polizei wussten, dass es sich dabei um einen Bundeswehrsoldaten handelte, der an einer Großübung teilnahm. Der Bundeswehrsoldat hielt das Anrücken der Polizei für einen Teil der Übung und schoss auf die Beamten mit Platzpatronen. Die Polizei erwiderte das Feuer mit scharfer Munition. Gottseidank nur ein Streifschuss, meldeten die Medien, die Sache sei noch einmal glimpflich ausgegangen. Mit anderen Worten: Nichts passiert, der Mann ist ja weiterhin k. v. (»kriegsverwendungsfähig«)! Später teilten Anwälte des angeschossenen Soldaten mit, es handle sich um eine massive Gesichtsverletzung, ihr Mandant sei dauerhaft entstellt.

Für den Erdinger Landrat Martin Bayerstorfer, der als einer der Hauptverdächtigen für die »Kommunikationspanne« seine Hände in Unschuld wäscht, ist der Zwischenfall »eine absolute Katastrophe«. Den CSU-Mann nähmen sie bei der AfD mit Handkuss. Unterdessen nimmt die bayerische Polizei offensichtlich die Herausforderung an, in Ermangelung russischer Truppen auf bayerischem Boden vorerst gegen die Bundeswehr anzutreten. Der Vorsitzende des Landesverbands Bayern der Deutschen Polizeigewerkschaft, Jürgen Köhnlein, hatte gegenüber der »SZ« kaum sein Bedauern über den verletzten Bundeswehrsoldaten ausgedrückt, als er schon jegliche Humanitätsduseleien überwunden hatte und von Stolz und Genugtuung übermannt wurde: Die bayerische Polizei habe sich ja doch als »schlagkräftig« erwiesen. Die Bundeswehr ließ im Gegenzug verlauten, sie wolle »bei künftigen Übungen besser vorbereitet sein«. Beim nächsten Mal keine Platzpatronen mehr, soll das wohl heißen.

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