Hin und weg
Thomas Schaefer über die Wiederauferstehung des Palasts der Republik im Humboldt-Forum
Ein Zyniker ist laut Ambrose Bierce (den man ja auch mal wieder zitieren kann) ein »Schuft, dessen mangelhafte Wahrnehmung Dinge sieht, wie sie sind, statt wie sie sein sollten«. Und ein Narr ist entsprechend, wer Böses dabei denkt, wenn er zur Kenntnis nehmen muss, was die Stiftung Humboldt Forum in dem, unter rührendem Engagement auch rechter Personen, wieder erbauten Berliner Stadtschloss veranstaltet.
Unter dem ab-, Pardon, hinreißenden Motto »Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart« offenbart sie nämlich einen Zynismus, der selbst Bierce hätte erblassen lassen. Der Palast der Republik ist Gegenwart? Da muss man die Dinge tatsächlich sehen, wie sie sein sollten, weil sie nämlich nicht mehr existieren.
Denn weg ist der Palast, einfach irgendwie »verschwunden«, wie es in der Pressemitteilung heißt. Oder doch abgerissen, wegen Asbest? Oder weil er für eine DDR stand, die man nicht stehenlassen wollte? Aber mit Erinnerungen ist es so eine Sache, denn schau mal hier: »Länger als in der DDR stand der Palast in der Bundesrepublik. Viele Menschen erinnern sich bis heute begeistert an die kulturelle Zwischennutzung im entkernten Gebäude.« Ja, so geht Geschichtsschreibung. Der Palast der Republik war also nicht ein Gebäude mit DDR-Identität, sondern recht eigentlich eines der BRD, das seine beste Zeit hatte, als es entkernt war. Noch schöner freilich, dass es abgerissen und durch ein Schloss ersetzt wurde. Dennoch muss man anerkennen: ein »vieldeutiger Ort«, für »viele auch ein Symbol für das Ende der DDR«. Das Ende.
Nicht zu Ende, sondern, siehe oben, Gegenwart ist der Palast, weil wir in post-analogen Zeiten leben. Unter dem Motto »Draußen & digital: Re-Set« kann man den Palast »in Augmented Reality … virtuell entstehen lassen«. Und in Sachen Vieldeutigkeit wird dann auch jener verschwindend geringen Minderheit etwas geboten, die mit dem Palast nicht nur seine kulturelle Zwischennutzung verbindet, zum Beispiel das »Theaterspektakel Bau auf! Bau ab!«, eine »theatrale Zeitreise« mit der Hochschule für Musik Hanns Eisler und der für Schauspielkunst Ernst Busch. Das ist dann nachgerade kommunistisch. Die von derlei Veranstaltungen begleitete Ausstellung läuft bis zum 16. Februar 2025. Nichts wie hin.