Fahrendes Volk

Theo Milnickel über den Kampf gegen die unmenschlich hohen Spritpreise

Kommt etwas dem deutschen Menschenrecht, sich in PS-strotzenden Blechbüchsen befreit von Tempolimits durch die Landschaft zu fräsen, in die Quere, springen die Landsleute naturgemäß im Warndreieck. Besonders heftig entladen sich die Emotionen, wenn auch nur der Eindruck entsteht, dass während ihrer unschuldigen Fahrt von A nach B andere auf ihre Kosten von G nach G' reisen. Und sollten auf diesem Weg auch noch »Übergewinne« entstehen, sehen die Geprellten vor ihrem geistigen Auge durch die beschlagene Windschutzscheibe den Kapitalisten mit seinem Zylinder stehen, der ihr hart erarbeitetes Geld zählt, dessen Gegenwert wiederum in den Zylindern ihrer Kraftfahrzeuge bloß verpufft, und steigen innerlich aufs Gaspedal.

Gegen die Verletzung der Würde des deutschen Automobilführers in diesen Krisenzeiten, die weder Entlastungspaket noch Tankrabatt zu überwinden versprechen, legt der ideelle Gesamtmobilist höchstpersönlich die Gelbweste an und protestiert im Namen seiner Gefolgschaft gegen die Gier der Ölmultis, die sich mit langen Fingern ans Portemonnaie des Volks wagen. »Zahlreiche Spitzenpolitiker forderten Habeck als zuständigen Minister unisono auf, gegen die Mineralölkonzerne vorzugehen«, heißt es im »Focus«, und der Wirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt, Sven Schulze (CDU), machte sich zum Wortführer der großen Koalition gegen die unmenschlich hohen Spritpreise, als er forderte: »Jetzt muss Robert Habeck die Ölmultis zum Rapport einbestellen. Das Abzocken der Bürger an den Tankstellen darf so keine Woche weitergehen.«

Der Bundeswirtschaftsminister nutzte die Mitfahrgelegenheit und empörte sich, denn »die Mineralölkonzerne streichen den Profit ein, die Verbraucherinnen und Verbraucher merken nichts von der Steuersenkung«. Und wenn ein Politiker der Grünen gegen hohe Spritpreise rebelliert, dann aber richtig: »Wir gehen quasi zurück zur Uridee der sozialen Marktwirtschaft«, erklärte Habeck im Deutschlandfunk, und »machen ein Kartellrecht mit Klauen und Zähnen«. Der »Welt« verriet der Minister zwar, dass ein so tierisch gutes Kartellrecht auf den sogenannten Tankrabatt keine Auswirkungen mehr haben wird, »aber es schärft die Schwerter für die Zukunft und sendet das klare Signal, dass Bereicherung auf Kosten anderer nicht so einfach geht«.

Man hätte vermuten können, das Spritpreisproblem brächte die Grünen arg in die Bredouille. Aber Habeck, dem es stets genügt, sich an sich selbst zu bereichern, hat die Kurve gekriegt und den Elchtest mit Bravour bestanden.