Penis is evil

Jasper Nicolaisen über den schwulen Rapper Kay Shanghai

Belastende Penismusik, in der dumpfe Typen zu Kinderspielzeugkrachschlaufen die ewiggleichen Puffgeschichten von dumm machenden Drogen, Angst vor Schwulsein und allerhand Statussymbolen bellen: Punk sollte dem konkret-Publikum vertraut sein.

HipHop ist da marginal diverser aufgestellt, aber »Deutschlands erster offen schwuler Rapper« Kay Shanghai dürfte, trotz queerer Vorreiter/innen wie Sookee oder FaulenzA, tatsächlich eine Ausnahmeerscheinung darstellen. Wenn ein Typ own-voice-mäßig migrantische Männlichkeit beziehungsweise den Bruch mit ihr bearbeitet, lässt das aufhorchen, zumindest mich, der sich erst einmal erklären lassen muss, dass der Inhaber des »legendären Essener Clubs Shanghai« in der Gegend, aus der er stammt, »seit 15 Jahren ein Popstar« sei. Mag sein. Ich bin ein weißer Typ mittleren Alters, dessen Szenekenntnisse bei Haftbefehl aufhören, und entschuldige mich vorab für meine mittelmäßig verwirrte Reaktion auf »Haram«, Shanghais nun vorliegendes Debütalbum. (Ob sich niemand Geeigneteres oder Geneigteres für eine Rezension gefunden habe? Diesen Battle um Diversität wollen wir ein anderes Mal austragen.)

Mit offenen Ohren und wohlwollendem Herzen bewaffnet, lässt sich festhalten, dass »Haram« amtlich produziert und zeitgemäß hippend und hoppend tönt, dass Shanghai eine recht angenehme Stimme und einen okayen Flow mitbringt und dass die Lyrics – hmm, also, da geht es los für uns Musikkritiker, die bei Billie Eilish noch voll mitgehen. Ich weiß nicht so recht. Aus »Schwänzen« und »Schule« Kapital zu schlagen, das geht noch gut. Auch dass es oft wilhelmbuschig/eimsbushig und nach Reimdichoderichfressdich-Manier zugeht, kann uns, die wir zu jeder neuen Tocotronic-Platte greifen, nicht schocken. Aber: »Wer hat dich erzogen/du scheust den Urologen«? Klar, es geht um Macker, denen Tradition und Religion lächerliche Sexualangst eingeprügelt haben, bis sie nicht mal mehr nach dem Sport duschen gehen. Trotzdem: Für meine Ohren häufen sich hier die Cringe-Momente ein bisschen arg (cringe, liebe konkret-Leser/innen, ist das Gegenteil von base).

Ich bin nicht die Zielgruppe, erlaube mir aber die Frage, wer es sonst sein soll. Harte Rapper eher nicht, migrantische Softbois aber vermutlich auch nicht. Gutgemeint wäre demnach also das Gegenteil von gut? Finde ich nicht, die Bewegung raus aus dem Männerghetto ist safe gut, also: besser als noch eine Abba-Platte allemal.

Kay Shanghai: »Haram« (Hotel Shanghai)