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Dauerlausch

Peter Kusenberg über die Überwachungssoftware Pegasus

Schadsoftware vernichtet mitunter die Arbeit von Tagen und Wochen; die verantwortlichen Digitaltrickser gelten zu Recht als Scheißkerle. Ihr Geschäft ist einträglich, allein 2020 waren’s rund 400 Millionen US-Dollar, die via Ransomware erpresste Firmen in Bitcoin überwiesen. Ich weigerte mich im letzten Jahr, den vierstelligen Lösegeldbetrag zu zahlen, denn meine Daten waren’s nicht wert.

Um Opfer anderen Kalibers geht’s bei Pegasus. Das französische Recherchenetzwerk Forbidden Stories ermittelte in Zusammenarbeit mit Kollegen anderer Staaten, dass einige der Pegasus-Käufer, etwa saudiarabische Regierungsmitarbeiter, die Spionagesoftware einsetzten, um Menschenrechtsaktivisten, Regimegegner und Journalisten auszuspionieren statt, wie vom israelischen Hersteller NSO beworben, Terroristen und Mafiosi. Das verwundert kaum, bei Pegasus handelt es sich um den feuchten Traum eines jeden Geheimdienstmitarbeiters: Eine bestätigte Nachricht oder ein gefälschtes Netzwerkelement genügen, um den Downloadvorgang in Gang zu setzen. Sobald sich Pegasus auf dem Zielgerät befindet, kopiert der Trojaner-Auftraggeber die gewünschten Daten, sogar verschlüsselte Nachrichten kann er auslesen sowie Mikrofon und Kamera manipulieren, um die Zielperson bis ins Bett zu überwachen.

Als die Sache bekannt wurde, war die offizielle Empörung groß. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) zeterte, hier sei gegen »alle Werte und Regeln« verstoßen worden, »die wir in der EU haben«. Der grüne Fraktionsvize im Bundestag, Konstantin von Notz, beklagte »massive Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit«. Bigott wirkt das nicht zuletzt angesichts der Verheißungen nach dem NSA-Skandal 2013 ff. Aktuell dürfen deutsche Geheimdienste gar »Staatstrojaner« einsetzen, wobei die Behörde die Namen der verwendeten Programme geheimhält. Es gibt allerdings Hinweise, dass zur Software der Wahl FinSpy gehört, ein Programm, das die türkische Regierung nachweislich zur Überwachung der Opposition verwendete.

Was die Überwachungspraktiken angeht, dürften Geheimdienste jeglicher Couleur unlautere Mittel einsetzen. Zu den privatwirtschaftlichen Experten zählen Typen, die ihre Erkenntnisse über Schwachstellen von Betriebssoftware im Darknet demo- wie autokratischen Regierungen gleichermaßen feilbieten. Ich kann mein Wischgerät wegpacken, für die Sozialisten in Ungarn und Mitglieder der türkischen HDP dürfte das nicht so leicht möglich sein.