Mal schauen, was passiert

Franco Albrecht ist ein Einzeltäter des Volkes. Von Florian Sendtner

Rotbrauner Vollbart, Pferdeschwänzchen, Dackelblick: Wenn Franco Albrecht (32) in einer Fernsehshow aufträte, flögen ihm die Herzen der Zuschauer/innen zu. Mit seiner Botschaft sowieso: Merkel hätte 2015 die Grenzen nicht öffnen dürfen, damit habe sie dem deutschen Volk Schaden zugefügt. Albrechts Bühne ist nicht das Fernsehen, sondern seit dem 20. Mai die Anklagebank im Oberlandesgericht Frankfurt, was ihn und seine Verteidiger nicht daran hindert, all das abzusondern, was so zwischen Seehofer und Gauland hin- und herschwappt. Bundeswehr-Oberleutnant Albrecht ist sichtlich nicht der Meinung, auf einer Anklagebank zu sitzen, auch das Oberlandesgericht wollte ihn nicht darauf Platz nehmen lassen, sondern musste erst vom Bundesgerichtshof dazu gezwungen werden.

Albrecht gibt sich als besorgter Bürger in Uniform, der nur mal der Sache auf den Grund gehen wollte. Und deshalb französisch parlierend und mittels dezenten Blackfacings als David Benjamin aus Damaskus Asyl beantragte und erhielt. All die Waffen, die er hortete, die Munition, die Vernetzung mit Hannibal- und Uniter-Kollegen, die dokumentierten militant-rassistischen Äußerungen, die Wehrmachts- und Hitler-Verehrung, die Feindeslisten, das Ausspähen möglicher Todeskandidaten – Albrecht fühlt sich total missverstanden: »Es war nie meine Absicht, jemandem Leid anzutun.« Zumindest nicht als Franco Albrecht, sondern als David Benjamin. Mal schauen, was passiert, wenn Heiko Maas erschossen wird und die Fingerabdrücke zu einem syrischen Flüchtling führen, der spurlos verschwunden ist. Ob dann nicht – man schreibt das Jahr 2017 – die nächste Bundeskanzlerin Alice Weidel heißt?

Das Bundesamt für Verfassungsschutz und der Militärische Abschirmdienst haben zusammen mindestens 5.000 Mitarbeiter, die allesamt Tomaten auf den Augen haben, wenn es um Rechtsextremisten geht. Es war eine Putzfrau am Wiener Flughafen Schwechat, die die von Albrecht dort versteckte Schusswaffe fand und damit seine Festnahme auslöste. Ein gutes halbes Jahr später entließ man den Mann mit der Einzeltäter-, pardon: Einzelkämpferausbildung wieder aus der U-Haft. Der Neigungssyrer steht selbstverständlich weiterhin auf der Besoldungsliste der Bundeswehr. Das einzige, was ihm bislang verboten wurde, ist das Tragen der Uniform. Der erste Schritt zur Wahrheitsfindung wäre, dass er dazu gezwungen würde, in Uniform vor Gericht zu erscheinen.