Hurra, hurra, die Cancel Culture, die ist da!

Dieter Blohss über den Fall Lisa Eckhart

Nun ist sie also auch in Deutschland angekommen, die sagenumwobene Cancel Culture. Die erste, die von ihr dahingerafft wurde, ist die Kleinkünstlerin Lisa Eckhart. Ihr Kabarett hat allerlei lustige Scherze im Angebot, etwa über die #MeToo-Vorwürfe gegen Harvey Weinstein und Woody Allen: Da habe man doch immer gesagt, den Juden ginge es nicht immer nur ums Geld, und dann geht’s denen wirklich nicht ums Geld, sondern um die Weiber! – Natürlich ist Eckhart nicht »wirklich« eine Antisemitin (wer, schließlich, ist das heute noch?). Sie trollt nur gerne, ganz nach dem Trump-Prinzip: was ordentlich Krasses heraushauen und dann LOL sagen.

Nun hat Eckhart auch noch einen Roman geschrieben und sollte den auf einem Literaturpreisfestival in Hamburg vorstellen. Aber daraus wurde nichts: Er sähe, so der veranstaltende Nochtspeicher nahe der Hamburger Hafenstraße, keinen Sinn darin, eine Veranstaltung anzusetzen, die sowieso vom Schwarzen Block gesprengt werde. Und Polizeischutz würde alles nur noch schlimmer machen: Dann brenne womöglich ganz St. Pauli. Seither zetern »Welt«, »FAZ«, »Spiegel« und Deutschlandfunk über Meinungsterror, gewaltsame Beschneidung der Kunstfreiheit und (darunter tun sie’s einfach nicht) Weimarer Verhältnisse.

Mittlerweile musste der Nochtspeicher klarstellen, dass es die kolportierten Drohungen so nicht gegeben hat; es hätten sich nur einige Nachbarn besorgt gezeigt. Was, wenn man die Hamburger Szene auch nur ein wenig kennt, nicht wirklich überrascht; als Bewohner von St. Pauli muss man sich immer wieder wundern, wie wenig man von der Terrorherrschaft des Schwarzen Blocks im Alltag mitbekommt. In Wahrheit, wurde zudem bekannt, waren es wohl einige der anderen eingeladenen Schriftsteller/innen gewesen, die wenig Neigung gezeigt hatten, die Bühne mit der LOL-Künstlerin zu teilen. Das hätte natürlich weit weniger spektakulär geklungen.

Sie wollen so gerne Weltniveau beweisen in der norddeutschen Provinz, mit amoklaufenden Political-Correctness-Terroristen und allem, was dazugehört, und es will und will einfach nicht gelingen.

Dieter Blohss