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BETRIEBSGERÄUSCHE - konkret entsorgt den Sprachmüll der Medien

Der FC Bayern liegt hoffnungslos auf dem unwürdigen zweiten Tabellenplatz, verliert zuhause gegen Werder Bremen, und vom Pokal muss er sich in Saarbrücken verabschieden. Wie konnte es zu solcher Schmach kommen? Kaiser Franz und dickes Müller wussten noch, dass vor dem Erfolg die Mühe steht, denn sie waren mit dem klaglosen Ethos der alten Bundesrepublik gesegnet. Aber die heutigen Erics und Leons kassieren das Profigehalt wie ihre Altersgenossen das Bürgergeld und denken sich nichts dabei.

Don Alphonso, der beliebteste Kolumnist der »Welt«, hat das Problem erkannt und weitete kurz vor Ostern den Blick auf den ganzen Freistaat, nicht ohne ein paar peinliche Anekdoten aus der Nachbarschaft zu erzählen. Die Söhne und Töchter der Sepps und der Zenzis werden nicht danke und Vergelt’s Gott sagen, wenn sie das nehmen, was sie für gerecht halten: Dazu werden sie mit dem Bürgergeld und all den Staatszuwendungen der restlosen Demokratiezerförderung gerade erzogen, und selbst wenn man ihnen das alles einmal wieder streichen sollte, wird nichts auf dieser Welt die Anspruchshaltung für sich selbst und die Verachtung für andere ändern können. 

Nicht ganz so fatal ist der wachsende Schrumpf: Dazu kommt, dass tatsächlich relativ viele Familien durch die faktische 1-Kind-pro-mitteleuropäischem-Paar-Politik einen schrumpfenden Nachwuchs erzeugt haben, der für den Rest seines Lebens finanziell abgesichert ist. 

So muss es denn geschehen, dass Alphonso um elf Uhr früh bei einem seiner Käsehändler einläuft und Gemüsebratlinge verlangt, und zwar alle, die noch da sind! Aber Gemüsepflanzerl gibt es nicht mehr, auch keinen Frischkäse und keinen Obatzten. Denn der Koch habe sich ins Bürgergeld verabschiedet. Die Leute kämen nur noch zum Kassieren und niemand wollte mehr arbeiten. Außer schwarz natürlich. Dabei waren diese Jobs früher sehr begehrt wegen der erträglichen Arbeitszeiten und der Großzügigkeit der Kundschaft.

Sepp Maier stand als 35jähriger Greis beharrlich zwischen den Pfosten seines FC, und unser polnischstämmiger Installateur ist eigentlich längst pensioniert und kommt immer noch, weil er weiß, wie schwer es gerade ist, jemanden zu bekommen – er selbst hat von den jungen Leuten auch nicht gerade eine vorteilhafte Meinung. Und zwischen diesen beiden Polen – junge Leute, die mit dem Erwerbsleben nicht belästigt werden wollen und alte Leute, die es irgendwann nicht mehr tun können – sitze ich und frage mich, wie das wohl 2034 sein wird. Der FC Bayern in der dritten Liga? Wieso Alphonso aber zwischen zwei Polen sitzt, obwohl die jungen und die alten Leute doch mindestens vier sein müssen, und ob der Installateur unter sie zählt, bleibt rätselhaft.

Nur sind es nicht etwa die Jungen, die den Laden am Laufen halten, sondern die betagten Freundinnen von der Zenzi, die sich breitschlagen lassen, sich in ein Dirndl zu zwängen und am Ostersonntag die Gastronomie offenzuhalten. Nun ja, wenn sie sich breitschlagen lassen, ist es nicht verwunderlich, dass sie gewaltsam ins Dirndl dringen müssen.

Nachdem (er meint: weil) die Lücke zwischen dem Anspruchsdenken einer bestimmten Jugend und dem Anforderungsprofil bestimmter Tätigkeiten kaum mit dem Mittel Geld zu füllen ist, weil das Einkommen in Form des Bürgergelds und der Schwarzarbeit verfügbar ist, sind wohl gewisse Einschnitte in der Versorgung unumgänglich. Meine Klasse wird hier so wie immer reagieren, sprich, wir sind dann auch bereit, höhere Preise zu akzeptieren und zu bezahlen (er meint: zu zahlen), um bevorzugt behandelt zu werden. Es gibt irgendwann nicht mehr genug alte arbeitswillige Frauen, also wird es einen Kampf um sie geben, und ich bin mir sicher, dass wir ihn auf Seiten der besseren Kreise gewinnen. Wer die Wahl hat, an einen Kindergarten am Tegernsee zu gehen oder in einen sozialen – eigentlich überhaupt nicht sozialen – Brennpunkt, wird die richtige Antwort schon kennen. Es ist in einer Rottacher Privatklinik sicher angenehmer als in einem Krankenhaus, das von der Polizei geschützt werden muss.

Der Don wird nicht im Majestätsplural von sich reden – auch nicht mit einer bescheidenen Minuskel –, also sind »wir« wohl die Klasse jener Anspruchslosen, die sich alles leisten können, weil es ihnen in Jahrhunderten unterm klaglosen Ethos zugewachsen ist.

Er hat leider sog. »Kollegen« bei anderen sog. »Medien«, die es als ihre Hauptaufgabe betrachten, sogenannte Boomer für alles Elend und alle Fehlentwicklungen auf der Welt verantwortlich zu machen. Indirekt sagen sie damit den Jüngeren, dass sie mit ihrer Anspruchshaltung etwas Besseres sind, das ein angenehmeres Dasein aus der moralischen Überlegenheit heraus verdient hat: Daher kommt die Neigung bei vielen, ihre Netzexistenz als Arbeit zu verkaufen, Spenden und Geschenke zu sammeln und zu erwarten, dass man früher oder später schon einen Platz im Unwesen der staatsfreundlichen NGOs und der regierungsnahen Zwangsgebührensender findet.

Ob die sog. »Kollegen« oder die Jüngeren das Bessere sind, bleibt dunkel. Denn so unterscheidet sich der Kolumnist vom Käsehändler: Dieser gibt Käse, jenem muss man, was man haben will, nicht selten schon mitbringen.

Doch wenn er recht hat, geben ihm die Abonnenten so was von recht, dass unsereins sich wünscht, irgendeine Freundin der Zenzi hätte sich breitschlagen lassen, statt seiner für einen Batzen Springergeld ins Dirndl zu schlüpfen und das Denkerl zu geben. 

Joachim Rohloff