Frisch gepreppt

Als der Vorsitzende Richter den Haftbefehl gegen Marko G. aufhob, gab’s Applaus von den Zuschauern im Prozess gegen einen Polizeibeamten vor dem Landgericht Schwerin Mitte Dezember vergangenen Jahres. Das Gericht hatte den 49jährigen einstigen Angehörigen eines Sondereinsatzkommandos des LKAs Mecklenburg-Vorpommern mit Samthandschuhen durch ein komplett entpolitisiertes Verfahren getragen.

Dem Elitepolizisten waren nur noch Verstöße gegen das Kriegswaffenkontroll-, das Waffen- und das Sprengstoffgesetz vorgeworfen worden: Bei zwei Hausdurchsuchungen 2017 und 2019 hatte man Sprengstoff und Zehntausende Schuss Munition bei ihm gefunden. Immerhin war die Staatsanwaltschaft nicht bereit, beim Deal mit Verteidigung und Gericht zu bleiben und lediglich auf Bewährung zu plädieren. Denn der Angeklagte war auch Administrator mehrerer Chatgruppen, in welchen sich rechte Desperados auf einen »Tag X« vorbereiteten. Dem Auswerter der Chatgruppen war mulmig geworden, als zu einem Bild von Wehrmachtssoldaten, die auf am Boden liegende Menschen schießen, der Zusatz zu lesen war: »Asylantrag abgelehnt«, oder zu einem Foto von Hitler vor dem Eiffelturm: »Deutsche Antiterrordelegation in Paris eingetroffen«. Auch hatte der Angeklagte an einem 20. April ein Bild Hitlers, Titel: »Happy Birthday!«, verschickt.

Natürlich gab G. zu Protokoll, ihm lägen extremistische Bestrebungen fern, und er habe viele Jahre diesem Staat treu gedient. Und die Bilder? Meine Güte, meinte einer der Verteidiger, das kenne doch jeder, gerade in der Vorweihnachtszeit, da erhalte man schon mal derlei und leite es einfach weiter. Dass der Angeklagte zu einer Klientel gehört, die sich auf einen faschistischen Putsch, den »Tag X« eben, rüstet, war im Prozess kein Thema. Das Ermittlungsverfahren der Bundesanwaltschaft gegen zwei weitere Mitglieder der Gruppe und die Verbindungen zum rechten »Uniter«-Netzwerk aus Expolizisten und -soldaten ebensowenig.

Der kenntnisfreie Provinzrichter nahm dem Angeklagten sogar ab, dass es sich bei den Preppern von »Nordkreuz« nur um besorgte Bürger handele, die sich auf Katastrophenfälle vorbereiten – mit Benzin, Vorräten, Safehouse und Waffen. Er nahm ihm auch ab, dass die im Internet georderten Leichensäcke nur als Schlafsackhüllen für das Campen im Freien und der Löschkalk für die Feldlatrinen gedacht waren. Und die Todesliste war natürlich keine, sondern einfach nur eine Liste. Konsequent blieb das Gericht mit 21 Monaten Freiheitsentzug auf Bewährung 13 Monate unter der Forderung der Staatsanwaltschaft. Die hat immerhin Revision beantragt.

Friedrich C. Burschel