Monsieur Chocolat

Monsieur Chocolat

Ein entflohener Sklave wird Ende des 19. Jahrhunderts als Zirkusclown in Paris reich und berühmt - unter dem Namen »Monsieur Chocolat«. Jürgen Kiontke hat den Film gesehen.

Monsieur Chocolat

19.05.2016 14:23

Regie: Roschdy Zem; mit Omar Sy, James Thiérrée; Frankreich 2015 (DCM); 110 Minuten; ab 19. Mai im Kino

»Du bist das Glied zwischen den Primaten und uns«: Raphaël Padilla kriegt eine Menge zu hören in seinem Job. Als gesuchte Fachkraft gelingt ihm zwar der rasante gesellschaftliche Aufstieg. Aber der Preis ist durchaus hoch. Er darf sich bei seiner Performance vor allem: in den Arsch treten lassen.

Als »Monsieur Chocolat« macht Padilla Ende des 19. Jahrhunderts mit seinem Kollegen George Foottit Karriere. Der – eben noch berühmter Clown, dem neuerdings die Ideen ausgehen – hat den entflohenen Sklaven im Wanderzirkus entdeckt. Zusammen ziehen sie nach Paris, um groß rauszukommen. Für Padilla ist es die erste, für Foottit wahrscheinlich die letzte Chance auf die große Nummer.

Im Zirkus geben sie den schwarzen und den weißen Clown. Die Farbgebung interpretieren die beiden, wie sie gemeint ist: Padilla gibt nicht nur den dunklen Part, sondern auch den dümmeren, Foottit den in jeder Hinsicht helleren. Dem Publikum ist es recht, das lacht sich kaputt. Die zwei werden reich und berühmt, und Chocolat avanciert zum zeitweiligen Liebling der Gesellschaft. Aus dem Kolonialstatus in die Unterhaltungsindustrie sozusagen.

Omar Sy, Vorzeigedarsteller aus solchen perfiden Streifen wie »Ziemlich beste Freunde« oder »Heute bin ich Samba«, spielt hier den charismatischen Clown, und der Film hat dabei ganz starke Seiten. Chocolat ist kein Schmusetyp: Er hängt an der Flasche, betrügt und kennt bei Drogen und Spiel keine Freunde. Seine Gagen haut er so auf den Kopf, dass ganz Paris über diese neue Form des unvorsichtigen Partymachens redet.

Sie bringt ihn in den Knast, Papiere hat er nicht. Mit dem Drahtbesen schrubbt man ihm die schwarze Haut vom Körper. Kaum wieder draußen, nimmt er die Arbeit an der unsterblichen Künstlerbio wieder auf – depressiv wie manisch, heimatlos und facettenreich. Taktik gibt’s für ihn nicht. Mit Chocolats Karriere geht es bergab, als er beginnt, Foottit in den Hintern zu treten.

Was mir an diesem Film am besten gefällt: Von den Zirkusnummern, die das Publikum frenetisch abfeiert, zündet keine einzige. Der gespielte Rassismus ist ein Zugeständnis ans Publikum. Aber keines ans Kino.

Jürgen Kiontke