Whiskey Tango Foxtrot

Whiskey Tango Foxtrot

Wenige Jahre nach 9/11 geht Comedian Tina Fey als TV-Reporterin ins nun posttalibanische, aber noch burkatreue Afghanistan, erlebt dort Kriegsabenteuer und steigt aus der Naivität zur Professionalität auf. Dabei kommen sich Comedy und Ernst, Geschlechter- und Außenpolitik sowie Fernsehen und Kino in die Quere. Manfred Hermes hat den Film gesehen.

Whiskey Tango Foxtrot

02.06.2016 11:56

Regie: Glenn Ficarra/John Requa; mit Tina Fey, Margot Robbie; USA 2016 (Paramount); 112 Minuten; ab 2. Juni im Kino

Tina Fey ist eigentlich ein Clown. Heute arbeiten sich Clowns nicht mehr an dem klassischen Typus mit der roten Nase ab, sie treten als Stegreifkomiker in Alltagskleidung auf. Da betreiben sie vor allem die Mimesis ihrer selbst. Weibliche Comedians thematisieren etwa Übergewicht oder die vielen Unzulänglichkeiten und Zwänge, an die eine alleinstehende Berufstätige nur denken kann.

Diese Art der Comedy hat einmal einen starken feministischen Glanz erzeugt, außerdem war es ja nicht schlecht, dass auch Frauen ausführlich über Sex, Körperöffnungen und -ausscheidungen reden konnten. Inzwischen sind diese Dinge aber zu Floskeln geworden, aus dem nun traditionellen Themenkreis hat sich ein ausschließlich privatistischer Überrealismus herausgeschält. Und so ist aus diesem selbstironischen Witzeln ein nicht enden wollender Strom der Selbstzermürbung und Schuldbearbeitung geworden – eine Comedy der narzisstischen Identifikation, deren Witzigkeit von der Auseinandersetzung mit den Einschätzungen anderen bzw. vom Scheitern an gesellschaftlichen Wertvorstellungen lebt.

Mit »Whiskey Tango Foxtrot« hat diese Vorgeschichte insofern zu tun, als Tina Fey daran durch die TV-Serie »30 Rock« beteiligt war. Hier prägt diese Geschichte aber nicht nur das humoreske Profil des Films, sondern auch seine Absetzbewegungen. »WTF« ist vor allem entstanden, um Feys Wünschen nach größerer Reichweite und Bedeutung zu entsprechen. Sie will nicht mehr nur Clown bzw. Stand-up-Comedian sein. Zu diesem Zweck wurden die oben aufgeführten Komikelemente mit ganz Schwerem verschnitten: Wenige Jahre nach 9/11 geht Fey als TV-Reporterin ins nun posttalibanische, aber noch burkatreue Afghanistan, erlebt dort Kriegsabenteuer und steigt aus der Naivität zur Professionalität auf – wobei der Weg auch diesmal an einer schönen, aber schwierigen privaten Beziehung entlangführt.

Es bedingen sich hier drei Bewegungen und kommen sich in die Quere: von der Comedy zum Ernst, von einer identitären Geschlechterpolitik zur militarisierten Außenpolitik, aus dem Fernsehen ins Kino. Dabei geht leider die Albernheit baden, das geopolitische Thema wird banalisiert, und dass es nicht damit getan ist, durch fünfmal mehr Einfälle aus der Logik der seriellen TV-Komik heraus auf Spielfilmlänge zu kommen, zeigt sich auch daran, dass die leichte Muse in Afghanistan zur Hektikerin wird.

Manfred Hermes